May 2, 2025

Blinkist-Exit | Secondaries | Mut zur Ruhe: Der Weg zu mehr Resilienz - Holger Seim, Blinkist

Die Learnings von Holger Seim, Mitgründer von Blinkist, haben wir bereits 2023 bei Unicorn Bakery besprochen - doch aus heutiger Sicht sind sie immer noch höchst relevant. Deshalb gibt es erneut Holgers Take auf den beeindruckenden Weg seines Unternehmens – von der Gründung bis hin zum Exit an die australische Go1. Holger teilt offene Einblicke in die Herausforderungen und Learnings, die er auf dem Weg gemacht hat, und erklärt, warum der Weg das eigentliche Ziel ist.

Was du lernst:

  • Der Weg zum Exit:

    • Warum der Exit an Go1 der nächste logische Schritt für Blinkist war

    • Wie der Verkaufsprozess ablief und warum sich der Moment des Closings anders anfühlte als erwartet

  • Warum der Weg das Ziel ist:

    • Wie Holger rückblickend realisiert hat, dass die elf Jahre Aufbauzeit wichtiger waren als der Exit selbst

    • Warum Gründer den Prozess genießen sollten und warum der Exit nicht das ultimative Ziel sein sollte

  • Secondaries und Gründer-Fokus:

    • Warum Holger rückblickend empfiehlt, früher Secondaries in Betracht zu ziehen, um den eigenen Fokus und die mentale Balance zu stärken

    • Wie Secondaries helfen können, existenzielle Ängste zu reduzieren und bessere Entscheidungen zu treffen

  • Die Rolle von KI und UX:

    • Warum KI zwar die Content-Produktion verändert, aber die User Experience der Schlüssel zu langfristigem Erfolg bleibt

    • Wie Blinkist AI nutzt, um personalisierte Empfehlungen und eine bessere UX zu schaffen

  • Persönliche Resilienz und Stoizismus:

    • Welche stoischen Prinzipien Holger in schwierigen Phasen angewendet hat, um Resilienz zu bewahren

    • Warum negative Visualisierungen und der Fokus auf das, was man kontrollieren kann, Holger geholfen haben, im Moment zu leben

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Kapitel:

(00:00:00) Würdest du den Blinkist Exit als Meilenstein bezeichnen?

(00:08:23) Wird Blinkist durch Generative AI überflüssig?

(00:23:13) Wie analysiert und priorisiert ihr spannende neue Trends?

(00:29:18) Was würde Holger rückblickend beim Aufbau von Blinkist anders machen?

(00:35:27) Was ist Stoik und was übernimmst du daraus für deinen Alltag?

(00:39:12) Wie hast du dich und dein Ego von der Performance deiner Firma gelöst?

(00:47:28) Wenn das Ziel dasselbe wäre: Würdest du den Weg nochmal genauso gehen oder würdest du mehr Me-Time/Zeit für Freunde etc einbauen?

(00:51:46) Was hat sich geändert, nachdem Blinkist profitabel wurde?

(00:54:47) Wie hast du Kapazitäten geplant, um nicht zu overhiren und keine Entlassungswelle machen zu müssen?

(00:58:48) In welchem Verhältnis stand der ESOP-Pool zur Exitsumme?

(01:01:55) Welche Tipps hast du für Seed/Series A-Gründer?

(01:04:32) Wem würdest du empfehlen, Geld von Investoren anzunehmen?

 

Fabian Tausch:
[0:00] Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Unicorn Bakery. Mein Name ist Fabian Tausch und heute sprechen wir mal so ein bisschen über das Erfolgsrezept von Blinkist. Und dementsprechend ist mein Gast Holger Seim. Wir haben, oder wer sich erinnert und lang genug dabei ist, weiß, dass Holger vor Ewigkeiten schon mal da war. Wenn ich überlege, das war irgendwie September 2017 oder so ungefähr die Zeit. Seitdem hat sich viel getan. Nicht nur bei mir, das ist natürlich auch schön, aber auch bei euch. Bei Blinkist. Ihr seid weiter gewachsen. Ihr habt zwischendrin vermeldet, dass ihr profitabel seid. Ihr habt inzwischen einen Exit vermeldet. Die Presse munkelt, dass es sich so um die 200 Millionen bewegt. Ich will keine Behrung dranhängen, weil ich mir da immer schwer tue, was es jetzt genau war, was berichtet wurde. Außerdem ist es eh nicht kommentiert worden. Also ist auch egal. Ihr habt an GoOne verkauft, australischer Anbieter aus dem Education-Segment. Da können wir auch nochmal drüber sprechen, warum das Sinn gemacht hat. Ich glaube, wir haben einiges zu besprechen. Holger, schön, dass du hier bist.

Holger Seim:
[0:54] Danke für die Einladung, Fabian. Ich freue mich, wieder hier zu sein. Kaum zu glauben, dass es sechs Jahre her ist.

Fabian Tausch:
[0:58] Fast, ne? Das ist schon krass. Ist aber auch irgendwie schön, daran zurückzudenken. Ich bin damals von der U-Bahn, die zu spät kam, so hochgesprintet und war noch außer Puste, als wir angefangen haben aufzunehmen. Das weiß ich noch. Aber das war so auch eins der ersten, ich glaube, so mit Daniel von Flix oder Tarek von About You, die so tiefer in dieser Startup-Szene drin waren, wo ich das Gefühl hatte, okay, von diesen Leuten möchte ich mehr kennenlernen. Und ich würde sagen, das hat gut funktioniert. Deswegen auch großes Danke, dass du dir damals die Zeit genommen hast. Sehr, sehr gerne. Jetzt habe ich dich ja schon wieder verhaftet,

Holger Seim:
[1:30] Also von daher… Und wir schützen schon wieder und sind aus der Puste, weil es 30 Grad sind draußen.

Fabian Tausch:
[1:35] Das stimmt, das stimmt. Erste Frage, ich meine für viele fühlt sich Exit an wie so ein Meilenstein, viele Gründer gründen, weil sie sagen, okay, da habe ich irgendwann dieses Liquidation Event, so nennt man es wahrscheinlich nicht, wenn man darüber nachdenkt, da habe ich irgendwann Geld auf dem Konto. Was verändert sich mit so einem Exit? Also fühlt sich das an, als ob so ein Meilenstein erreicht wäre, als ob so eine Aufgabe erfüllt wäre? Was sind so deine Gedanken, wenn du jetzt auf so ein Exit guckst?

Holger Seim:
[1:57] Ja, für mich war das immer vor dem Exit immer einen riesen großen Meilenstein. Ich glaube, wie du sagst, für jeden Gründer, man macht es, weil man Bock hat, was Großes zu erschaffen, Bock hat, Impact zu haben, aber viele von uns machen es auch für den Exit, für die Aussicht, finanziell unabhängig zu sein. Und das war die letzten zehn Jahre immer ein Ziel, irgendwann mal den Exit zu machen. Und es hat sich erstreckend nach nichts angefühlt. Also es war so eher, Leere klingt falsch, aber es war so, ich dachte, das wird irgendwie so sich ganz, ganz besonders anfühlen. Und da war es einfach ein Verwaltungsakt. Wir haben einen Deal nach US-Law gehabt, das heißt, das Closing war über Zoom. Das heißt, ich hatte einen Zoom-Call mit ganz vielen Anwälten und dann hat jeder gesagt, okay, der Deal ist closed und das war's. Und dann bin ich wieder zurück an den Schreibtisch gegangen, habe weitergearbeitet und habe mir davor auch immer gesagt, der Prozess hat ja acht Monate lang gedauert und hatte Höhen und Tiefen. Und es war nicht klar, ob wir am Ende einen Deal haben und immer wieder den Stoiker in mir beschworen und gesagt, mein Alltag wird sich nicht ändern, egal ob wir Blinkes verkaufen oder nicht. Mein Alltag mit zwei Kids wird sein, ich stehe morgens früh auf, mache Frühstück, ich gehe zur Arbeit und versuche da das Beste aus mir und meinem Team rauszuholen und abends geht es ins Bett und dann geht es am nächsten Tag wieder weiter.

Holger Seim:
[3:10] Und welche Zahl da auf dem Konto steht, ist eigentlich egal. Ich habe vorher gut verdient, ich habe mir eine gute Wohnung zur Miete leisten in Berlin, wir können in die Urlaube fahren oder fliegen, die wir wollen und das ist jetzt auch so. Das heißt, es hat sich gar nicht viel geändert und es fühlt sich nicht so gut an, wie ich gehofft habe oder erwartet habe, dass es sich anfühlt. Was sich niemanden Sorgen um mich machen soll, ich brauche kein Mitleid, ich will nur sagen eigentlich, Was ich realisiert habe für mich in den letzten Wochen ist, und das klingt profan, aber dass eigentlich immer der Weg das Ziel war und nicht der Exit. Auch wenn man so auf diesen Exit oder wenn ich hier und da auf den Exit geschielt habe, habe ich gemerkt, es waren die elf Jahre, die am Ende hängen bleiben und nicht das Geld, was jetzt auf dem Konto ist.

Fabian Tausch:
[3:55] Hast du dir schon Gedanken gemacht, was jetzt dann der Weg ist?

Holger Seim:
[3:58] Ich habe weiter Lust, also ich habe Lust auf das, was ich tue. Also mit smarten Leuten arbeiten, große Herausforderungen, große Probleme lösen, mit Technologie dazu beitragen, die Welt ein bisschen besser zu machen, in unserem Fall Leuten zu helfen, sich ein bisschen häufiger weiterzubilden, mehr Perspektiven zu bekommen, neue Denkanstöße zu bekommen. Das ist eine Mission, die macht mir Spaß. Ich habe das Gefühl, wir tun was Gutes und wenn wir was Gutes für unser Business tun, mehr Kunden gewinnen, unsere Umsätze steigern, tun wir gleichzeitig auch was Gutes für die Kunden, weil die bezahlen ja nicht aus Spaß, sondern weil sie den Wert davon bekommen. Und das macht mir Spaß. Und jetzt stehe ich vor der Herausforderung, zwei Kulturen zusammenzubringen. Unternehmen aus Australien, hier unser Team aus Berlin, das zusammenzuführen, daraus was noch Größeres zu machen. Habe ich auch noch nie gemacht. Also Post Merger Integration. Wir wollen die Firma in ein paar Jahren an die Börse bringen. Habe ich auch noch nie gemacht. Das heißt, jetzt kommen neue Herausforderungen und das macht mir Spaß. Das fordert mich, da kann ich was lernen. Und das ist erstmal, das bleibt mein Weg bis jetzt. und wer weiß, was dann in ein paar Jahren ist, ob sich da was ändert.

Fabian Tausch:
[5:02] Warum war jetzt der richtige Zeitpunkt zu verkaufen? Also du hast gesagt, acht Monate in the making, aber trotzdem ist ja jetzt irgendwie so, warum jetzt?

Holger Seim:
[5:10] Es gab, ich kann es nicht sagen, es war, ich habe nicht geguckt, ist jetzt der richtige Zeitpunkt oder nicht, es war der richtige Partner und den richtigen Partner, den hätten wir auch vor zwei Jahren schon finden können, dann wäre vielleicht vor zwei Jahren der richtige Zeitpunkt gewesen, wir hätten ihn auch erst in zwei Jahren finden können und dann wäre es dann gewesen. Es ist ja, so ein Exit passiert selten. Also die ist ja eher die Ausnahme als die Norm, dass eine Firma exitet. Und es muss halt alles stimmen. Das Timing muss stimmen, der Partner muss stimmen, das Marktumfeld muss stimmen. Und jetzt hat einfach alles gestimmt. Und GoOne ist eine gründergeführte Company, was mir immer sehr wichtig war. Ich hatte keinen großen Spaß in so einer großen Company, irgendwie dann in Mittelmanagement zu rutschen mit unserem Team und so einen großen Konzern zu reporten. Ich bin da im Leadership-Team, also auf der ersten Hierarchie-Ebene, fühle mich weiterhin als Co-Founder, kann einen riesen Impact haben. Wir haben diese Nasdaq-Story noch vor uns. Also wir wollen an die Börse, das ist irgendwie ein sehr, sehr spannendes Ziel. Wir wollen was Großes schaffen. Die sind zwar vom Umsatz her deutlich stärker gewesen als wir und als B2B-Business auch deutlich profitablerer Umsatz, aber ansonsten als Organisation, Ähnlich wie wir, also man haben die gleichen Challenges und da jetzt gemeinsam ranzugehen, das macht Spaß. Also ich habe das Gefühl, ich bin weiterhin gefordert, ich habe weiterhin Impact, kann und muss weiterhin großen Einfluss nehmen und das hat sich alles gut angefühlt und deswegen war jetzt der richtige Zeitpunkt.

Fabian Tausch:
[6:35] Eine Frage, die ich gehört habe und als ich so ein bisschen gefragt habe, hey, ja, ich spreche mit Holger ein bisschen drüber, dass sie jetzt verkaufen und was würdest du fragen? Und da kam irgendwie häufig das Thema Generative AI auf oder AI an sich. So ist das Geschäftsmodell überhaupt noch valide? Braucht es überhaupt in ein, zwei, drei Jahren noch? Kann das nicht AI komplett ersetzen? Ist das zu kurz gedacht, die Frage einfach nur so zu stellen? Wenn ja, was übersehen die ganzen Leute, die einfach fragen so, hey, warum gibt dafür jetzt jemand Geld aus?

Holger Seim:
[7:01] Ja, also ich denke schon, es ist zu kurz gedacht. Es ist auch wichtig zu sagen, dass wir den Prozess mit GoOne gestartet haben. Also wir gesagt haben oder die gesagt haben, sie wollen gerne mit uns zusammen gehen und wir dann auch in den Prozess eingestiegen sind. Das war im September letzten Jahres. Da hat noch keiner von Gen.ai gesprochen. Da war auch noch niemandem klar, wie schnell sich das jetzt entwickelt. Das heißt, es war von uns kein, wir haben das nicht gestartet oder getriggert, weil wir Angst hatten, oh Gen.ai überrollt uns. Wir haben uns aber natürlich trotzdem, wir selbst und auch mit dem Käufer zusammen, mit GoOne zusammen gefragt, was ändert sich jetzt durch Gen.ai für beide Seiten? Die sind ja auch ein Ad-Tag-Business, da geht es um Content und und und. Was ändert sich dadurch und sind zum Schluss gekommen, wir sehen mehr Chancen als Risiken. Natürlich wird der Content, den wir machen, Bücher in Blinks, Shortcasts, der wird ein Stück weit commoditized. Mit Gen.ai wird es immer einfacher, das zu generieren at scale und in einer guten Qualität. Wenn man ehrlich ist, war das aber schon immer so. Also es gab schon immer ganz, ganz viel Content auf YouTube, auf Wikipedia, in Blogs. Content war nie Mangelware und auch guter Content. Die Schwierigkeit ist, dass wir kein Habit generieren, um regelmäßig zu lernen. Es ist einfacher, einen Song auf Spotify zu hören, eine Serie auf Netflix zu gucken, irgendwas zu machen, was mehr Entertaining ist. Und Weiterbildung lernen ist nicht so Entertaining. Es ist eher so, iss dein Gemüse anstatt Schokolade.

Holger Seim:
[8:24] Und deswegen kommt es viel mehr auf die UX an. Wie bauen wir eine User Experience, um Nutzer zu helfen, ein Habit aufzubauen, täglich wieder reinzukommen? Wie kennen wir dich besser als du dich selbst, um dir zur richtigen Zeit den richtigen Inhalt in der richtigen Form anzubieten? Und, und, und. Das ist alles viel wichtiger. Und das wird mit Gen.AI einfach noch viel einfacher. Oder wir können es viel besser machen. Auch andere können es viel besser machen, aber wir sind jetzt ein Headstart. Wir haben schon eine sehr große Kundenbasis, wir haben eine starke Marke, Wir haben ein starkes Team. Das heißt, wir können sehr, sehr schnell sehr, sehr viel mit Gen.I. Machen, was unser Produkt, unseren Service besser macht. Und ja, da sehe ich sehr, sehr viele Chancen. Ich glaube nicht, dass jetzt so eine Firma wie OpenAI am Ende alles macht. Also ich sehe nicht, wie wir in der Welt leben, dass dann am Ende hast du deinen einen Chatbot von zum Beispiel ChatGPT und da machst du dann alles. Also ich glaube, die machen die Foundation. Genauso wie Apple den App Store macht, machen die die Foundation, das Large Language Model. Und dann werden sich darauf vertikale Player setzen, die eine starke Marke haben, die das LLM so nutzen und so trainieren, dass es für ihr Vertical passend ist. Und wir wollen einer der Player werden, die sich dann vertikal für das Thema Education und Lifelong Learning draufsetzen. Und das wird spannend. Das wird eine spannende Herausforderung. Wenn wir in den sechs Jahren wiederreden, haben wir es entweder geschafft oder vielleicht auch nicht. Aber ich glaube, das ist unabhängig von dem Verkauf dann.

Fabian Tausch:
[9:47] Wie denkt ihr dann intern über KI? Ich meine, am Ende, du hast ja gesagt, okay, ihr könnt damit Sachen besser machen. Hinterfragt ihr alle Prozesse? Bis zu welchem Grad hinterfragt ihr eure Prozesse? Bis zu welchem Grad sagt ihr, okay, dadurch können wir ganz neue Dinge eigentlich auch machen, über die wir vorher gar nicht nachgedacht haben?

Holger Seim:
[10:02] Ja, es gab so einen Moment, da war ich, ich war voll konsumiert von diesem Prozess, ständig mit Anwälten gesprochen und irgendwann mal aufgetaucht und gemerkt, so, Moment mal hier, dieser ganze Gen-AI-Zug fährt gerade mit Volldampf an uns vorbei. Wir machen irgendwie gar nichts. Wir brauchen eine AI-Strategie. Und hatte da so eine Session mit meinem Leadership-Team, wo ich diese Sorgen geäußert habe.

Holger Seim:
[10:24] Die haben dann alle gesagt, wir machen das schon überall. Also die ganzen Teams embracen das schon. Super viele haben sich einen Account geholt und haben geguckt, wie kann ich das bei der Erstellung von Blinks verwenden. Wir hatten Pilotprojekte Text-to-Speech, also mit AI-generierten Stimmen, ob die schon besser klingen, wie man die trainieren kann, dass sie so gut sind wie richtige Stimmen. Wir haben das in einem Feature Blinkist AI, wo du anstatt einfach nur einen Titel zu suchen eine Frage stellen kannst und dann kriegst du einen Guide oder Vorschläge mit Kontext, die deine Frage beantworten. Also das Team hat überall da, wo man AI sinnvollerweise anwenden kann, haben die Leute in den Teams angefangen, es anzuwenden. Und ohne, dass wir irgendwas vorgeben, ohne dass wir sagen, da müssen wir jetzt rein oder da. Das heißt, wir gucken es doch schon sehr, sehr ja, End-to-End an. Mehr, definitiv mehr in User-Facing-Geschichten, also wenn es um Content geht, um UX, um Recommendations, aber auch Cover-Erstellung zum Beispiel ist ein Thema. Ich weiß jetzt nicht, wie stark uns die Entwickler schon mit der AI arbeiten, ob sie quasi dann noch selbst Code schreiben oder die AI nutzen als Co-Pilot, da bin ich nicht tief genug drin. Können natürlich immer schneller sein, also vielleicht müssen es das noch mehr machen, aber wenn ich irgendwann nicht mehr sage, dass Entwickler schneller entwickeln müssen, dann bin ich glaube ich der falsche für den Job, das ist ja immer der.

Holger Seim:
[11:42] Trade-off, wollen wir schnell raus oder soll es am Ende anständig werden? Also da weiß ich noch nicht, wie tief wir schon drin sind mit der AI und Geschäftsprozesse bin ich auch nicht tief genug stehen, ob wir im Finance- oder People-Bereich schon was machen, aber überall da, wo wir im Produkt arbeiten, für unsere Kunden und im Marketing nutzen wir AI.

Fabian Tausch:
[11:59] Das war einmal wichtig, um so kurz die Kritiker einmal nicht ans Ende. Das ist ja auch keine Kritik.

Holger Seim:
[12:04] Ich meine, das ist ja erst mal von außen, macht das Sinn. Und wenn uns AI am Ende tatsächlich überrollt, wenn die Risiken doch die Chancen überwiegen, oder wenn wir es nicht hinbekommen, diese Chancen zu nutzen und jemand anders schneller ist, dann wird man in zwei Jahren sagen, ja geil, das war der richtige Zeitpunkt und das war wahrscheinlich der letzte Zeitpunkt, wo man es auch hätte machen können. Das kann im Nachhinein stimmen. Es war nicht unser Grund, weil der Prozess lief schon lange, bevor das kam und ich sehe sehr, sehr gute Chancen, dass wir in ein paar Jahren hier sitzen und die sagen, naja, haben wir unterschätzt. Wir haben auch damals, als wir Blinkist gestartet haben oder in den Early Years, haben wir uns sehr, sehr viele skeptische, also sehr, sehr viele Absagen geholt. Da hieß es immer, ja, das Ding ist zu nischig, Content, wenn ihr das mit Freelancern und Leuten macht, das ist nicht skalierbar. Wie kommt ihr auf 1.000, 2.000, 5.000 Bücher? Das will doch keiner. Wir haben 6.000 und ich habe Ich habe damals schon gesagt, es geht nicht um Masse, es geht um die richtige Auswahl, weil Masse an Content ist da. Es ist nicht das Problem, dass man nicht viel Content hat, es ist das Problem, dass es zu viel Content gibt und die Leute gar nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Also wir sind es gewohnt. Ich glaube, wir wurden immer ein bisschen unterschätzt, immer ein bisschen belächelt. Und das ist jetzt auch wieder und vielleicht ist es irgendwann mal wahr. Vielleicht beweisen wir aber auch noch mal allen, dass es auch jetzt wieder nicht wahr ist. Das spornt mich auf jeden Fall an.

Fabian Tausch:
[13:23] Welche Rolle spielt euer B2B-Geschäft dabei, dass es vielleicht auch nicht direkt einfach mal von KI überrollt wird?

Holger Seim:
[13:30] Das B2B-Geschäft hat weniger was mit KI zu tun. B2B ist super wichtig geworden für uns. Es ist sehr schwer, ein Konsumermodell ab einer bestimmten Größe zu skalieren. Wir kämpfen wie jedes andere Abo-Modell auch mit Churn. Das heißt, Leute sagen, sie wollen, dann machen sie ein Abo und dann schaffen sie trotzdem keinen Habit aufzubauen und dann kündigen sie das Abo wieder. Und je größer man wird, umso mehr Leute absolut gesehen kündigen das Abo. Und umso mehr muss man erstmal reinholen, um nur den Churn auszugleichen. Das heißt, es ist herausfordernd, wenn man Paid Acquisition, bezahltes Marketing als Hauptengine of Growth hat, es ist herausfordernd, irgendwann noch stark zu wachsen und einen Profit abzuwerfen. Das heißt, wir haben in den letzten zwei, drei Jahren gemerkt, es wird langsam, die Luft wird dünn im Konsumer. Wir können jetzt nicht mehr irgendwie 50 bis 100 Prozent wachsen year over year und haben dann angefangen, jetzt im Nachhinein vielleicht ein bisschen zu spät, ich hätte es gerne vorher gesehen.

Holger Seim:
[14:22] Dann angefangen auf B2B nicht zu shiften, aber B2B zu erweitern, weil in B2B hast du am Ende deutlich bessere Unit Economics. Du kannst, die Firmen bleiben länger dabei, du hast teilweise einen positiven Churn, weil du absellen kannst und wir haben B2B gestartet, weil wir da vom Businessmodell her uns ein bisschen freischwimmen konnten und das war sehr wichtig, das ist jetzt auch mit GoOne sehr wichtig, GoOne ist ja ein B2B Player, wir sind Consumer Player und wir glauben, dass wir zusammen eben the best of both worlds haben. Wir haben eine starke Consumer-Marke, die Entscheider in Unternehmen kennen, häufig auch selbst nutzen. Wir kriegen also besser den Fuß in die Tür, um über Unternehmensabos zu sprechen.

Holger Seim:
[15:02] Und Bewon hat ein sehr starkes Salesforce und auch ein starkes B2B-Produkt, was Unternehmen brauchen mit Compliance-Inhalten.

Holger Seim:
[15:11] Und genau ein Ziel ist das jetzt zusammenzubringen und dadurch deutlich schneller zu wachsen. Nach wie vor in einer starken Consumer-Marke, aber der Profit, der Enterprise-Value wird in B2B getrieben. Das hat gar nicht so viel mit AI zu tun. Also das ist ja für uns aus Business Model Sicht und aus Unit Economics Sicht eine Notwendigkeit gewesen.

Fabian Tausch:
[15:30] Das heißt kurz zur Klassifizierung für alle, die sich damit nicht beschäftigt haben. Am Ende kann ich als Firma, wenn ich 500 Mitarbeiter habe, kann ich sagen, hey, ich würde gern als Employer Benefit allen meinen Mitarbeitenden oder einem Teil meiner Mitarbeitenden Blinkist zur Verfügung stellen, oder?

Holger Seim:
[15:45] Genau, wobei wir immer stärker dahin gehen und auch das Produkt dahin entwickeln, dass du es nicht als Employer-Benefit machst, sondern als Learning-and-Development-Tool. Weil die Budgets für Employer-Benefits sind klein, die Budgets für Mitarbeiter-Weiterbildung, Training sind sehr groß. Und wir sehen, super viele Unternehmen kaufen ganz, ganz viel ein und dann nutzt es keiner. Die haben alle komplexe Learning-Management-Systeme mit zig Inhalten und hier ein Training und da was und keiner nutzt es. Und Blinkist ist halt ein Tool, was Leute nutzen. Und natürlich ist es häufig noch so, dass es Leute eher für Personal Development nutzen, aber viele lesen auch Leadership, wie bin ich more mindful, was ja auch wieder hilft, im Job besser zu sein, wie organisiere ich mich besser, wie kommuniziere ich besser. Also wir haben Inhalte zu all den Themen. Wir sind doch gerade dabei, oder haben so ein Produkt pilotiert, das nennen wir Blinkist Coaching Pathways. Also basierend auf unseren Inhalten so gehortbasiertes Lernen anzubieten. Also wir gehen gerade in die Richtung, dass wir on top of short form learning noch mehr anbieten, um mehr in diese formellen Lernbudgets reinzukommen. Und dann wird es richtig spannend, weil das sind große Budgettöpfe und da haben wir wirklich was zu bieten, was andere Anbieter nicht bieten können. Und ja, das macht Spaß. Das ist ja schon.

Fabian Tausch:
[16:59] Ein großer Schritt, wenn man eigentlich so ein superbekannter Consumer-Player ist, dann irgendwie mehr in dieses B2B-Geschäft zu gehen, aber man sieht das immer mehr. Urban Sports Club hat das gepusht und viele andere Firmen ja auch, die dann sagen, okay, eigentlich bin ich beim Konsumenten bekannter. Meistens sind das ja dann auch irgendwie Produkte, die dann oft auch auf jemanden zugeschnitten sind, der ein bisschen mehr Geld für solche Themen auch ausgibt. Dementsprechend ein bisschen more likely, dass es ein Entscheider sein könnte in der Firma und dann sagt, okay, wir müssen überlegen, wie wir das als Firma integrieren. Warum hat das so an Relevanz gewonnen? Ich meine, am Ende, du hast gesagt, Paid wurde immer teurer, das heißt, der Consumer wurde immer schwieriger zu halten. Man unterschätzt es ja immer, welche Relevanz B2B hat. Das klingt eigentlich trivial, aber viele denken sich, ah nee, B2B machen wir doch nicht. Warum habt ihr dann so lange vielleicht auch gezögert oder warum hattet ihr das erst relativ spät eingeführt?

Holger Seim:
[17:54] Ich glaube, wir haben zu lange daran geglaubt, dass wir im Consumer-Geschäft die Kurve kriegen, dass es jetzt nochmal kurz schwierig ist mit Facebook oder whatnot und immer gesagt, lass uns fokussiert bleiben und Consumer cracken at scale. Und gecrackt haben wir es ja, aber irgendwann wird die Luft dünner und das hat einfach ein bisschen gedauert. Das hat dann angefangen, dass auch große Player, die nochmal deutlich größer sind als wir, aber auch angefangen haben zu strugglen, wirklich schnell zu wachsen. Guck dir ein Calm an, guck dir ein Headspace an. Große Marken gehen alle in B2B, weil sie im Consumer zwar auf einem hohen Level, aber um ihr Wachstum zu halten, müssen sie so viel in Marketing investieren, dass da kein EBIT dahin bleibt. Und wenn du am Ende eine Exit-Story oder ein IPO machen willst, musst du irgendwann ja auch mal Profit abwerfen oder Fantasie, dass da mal richtig was zurückkommt an Shareholder. Und diese ganze Marge wird im B2C einfach, die schöpft sich Facebook und Google ab. Da ist einfach nichts mehr. Oder Apple.

Holger Seim:
[18:52] Das heißt, das ist immer, weil jeder kann morgen einen Calm launchen und mit Mindfulness auf Facebook werben. Und das heißt, die Competition ist so groß, die Barrieren, dass neue Konsumer-Produkte zu launchen in einem Vertical sind so gering, dass du immer genau so viel Acquisition-Kost bezahlst, wie du dir noch irgendwie leisten kannst und dann hast du keine Marge mehr. Und das hat in diesem Consumer Subscription Space eigentlich, also wenn ich jetzt mal so die Netflix und Spotify dieser Welt auslasse, die haben ein Produkt, das nutzen Leute täglich, das ist was anderes. Aber ansonsten eigentlich nur Duolingo gecrackt. Duolingo hat es gecrackt, indem sie einfach fast ein Game gebaut haben, also gar ein Education-Produkt, was auch ein Game ist, was einfach Millionen von Daily Active Usern hat, free. Und dadurch haben die eine sehr starke Product-Led Organic Growth Engine aufgebaut und die sind deswegen nicht so stark von Facebook, Google und Co. Abhängig und können das weiter auf dem Scale, wachsen ohne B2B. Und alle anderen sehe ich früher oder später in B2B gehen, weil B2B hast du dann Eintrittsbarrieren. Da musst du, brauchst du eine gewisse Marke, du musst am Ende die Entscheider kennen, du brauchst eine Sales Force, da kann ich einer morgen kommen und sagen, ich mache eine App und ein bisschen Content mit Gen.ai und dann verkaufe ich das an B2B. Das ist ein bisschen komplexer. Das heißt, du hast weniger Competition, bessere Eintrittsbarrieren und wenn du einmal verkauft hast, in der Regel auch einen deutlich höheren Lifetime Value, weil so Unternehmen dann länger dabei bleiben, ein bisschen träger sind, aber auch einfach verlässlicher, was das angeht.

Fabian Tausch:
[20:18] Und du sagst, Duolingo hat es gekrackt, indem sie einfach eine sehr, sehr, sehr gamified Version gebaut haben. Was habt ihr euch davon abgeschaut? Also bis zu welchem Grad habt ihr dann versucht zu gamifyen oder war das für euch nicht ganz so anwendbar?

Holger Seim:
[20:29] Es war für uns nicht ganz so anwendbar. Wir haben uns häufig und natürlich immer gefragt, was können wir tun, um Engagement zu steigern, um Daily Habits zu generieren. Und am Ende ist unser Thema nicht so Duolingo, da geht es um Sprachenlernen, das kannst du gamifyen. Da geht es oft um Vokabeln oder so einzelne Sätze, die du sagen kannst, hier Multiple Choice, da kann man sehr, sehr viel gamifyen beim Thema Sprache lernen. Beim Thema, ich will mich zu anderen Themen weiterbilden, also Kernaussagen von Büchern verinnerlichen, da musst du halt ein bisschen lesen oder hören. Du kannst nicht einfach nur, natürlich können wir das alles mehr Instagrammy machen und man klickt durch, aber ein bisschen Tiefe muss man ja bieten. Und das geht uns da Ansicht nach nur mit, du brauchst halt mal fünf bis zehn Minuten Attention, die du hörst oder die du liest und deswegen sind wir nie den Duolingo weg gegangen, sondern haben uns darauf fokussiert, bessere Empfehlungen zu liefern, das ist ein ganz wichtiges Thema, wenn immer wir unsere Empfehlungsalgorithmen verbessern, also wenn die Leute den Screen aufmachen, dann haben wir halt fünf Sekunden Zeit, sie uns überzeugen, guck mal, hier ist was, was spannend ist, was für dich genau jetzt das Richtige ist und wenn wir sie dann nicht überzeugen, sind sie wieder weg. Es geht ja darum, du musst ja in dem Moment dann committen, ich lese jetzt mal fünf Minuten oder hör mir mal was an für 15 Minuten und das ist eine höhere Hürde und deswegen müssen wir diesen Einstieg möglichst gut machen und das war so der Fokus. Wir arbeiten jetzt auch oder gehen sehr tief in das Thema, wir nennen Spaces, dass du wie so Buchclubs mit Freunden machen kannst.

Holger Seim:
[21:55] Dann kann man sich gegenseitig empfehlen, da ist dann so ein bisschen Social Accountability mit dabei. Wenn du mir was empfiehlst und ich weiß, okay, du siehst, ob ich es gelesen habe oder nicht, dann bin ich nochmal A, weil ich die Empfehlung von dir wertschätze. B, aber auch heiligerweise Fabian, der guckt vielleicht auch nochmal rein und guckt, ob ich das gelesen habe. Oder wenn wir uns das nächste Mal treffen, spricht er mich darauf an. Das heißt, da hat man dann nochmal ein bisschen mehr Nudges, ein bisschen Ancentive, dann tatsächlich auch die Arbeit zu machen und sich weiterzubilden und in die Richtung gehen wir, um Engagement zu schreiben.

Fabian Tausch:
[22:26] Eine Sache, die viele auch gemacht haben und jeglicher Art der Apps und Brands da draußen, ist, als TikTok aufkam, irgendwie mehr so in Kurzvideo zu denken. Hättet ihr nicht eigentlich eine Community, wenn man Kurzvideos smart gestaltet, dass man sagt, okay, man könnte auch immer wieder mit 30 bis, sagen wir mal, 180 Sekunden Kurzvideos unterstützen, ob man da eigene Creator aufbauen muss, so wie mit den Freelancern, die die Bücher zusammenfassen auch, eine Bücherzusammenfassung in der Version zu geben, einzelne Themen aufzugreifen. Warum war das zum Beispiel kein großes Thema?

Holger Seim:
[22:58] Am Ende haben wir auch viel diskutiert. Wir haben am Ende andere Sachen spannender gefunden, weil wir auch dachten, wenn wir jetzt noch kürzer werden, dann verliert es irgendwann die Substanz. Es gibt ja schon TikTok und da gibt es Bücher, also BookTok und so ist da ja auch groß. Und können wir das besser? Nee, sicherlich nicht. Und ist es das, was uns die Nutzer wollen? Fragezeichen. Also ein bisschen, die sagen uns eher, teilweise sind die 15 Minuten noch nicht tief genug und es bleibt nicht genug hängen. Und dann, ja, noch kurz dazu gehen, war nicht die Antwort, die wir priorisiert hatten. Das ist aber nach wie vor ein Thema und das ist zum Beispiel eine Chance, die Gen.AI bietet. Man kann jetzt viel schneller und at scale auch Videos generieren und damit experimentieren. Das heißt, da wird sicherlich was kommen. Wir sehen es dann aber eher als einfacheren Einstieg in die Discovery und weniger als das neue Format, der neue Blink.

Fabian Tausch:
[23:47] Ich glaube, eine Frage, die man da anschließen muss, die sowohl Gen.AI als auch Video etc. Betrifft, ist ja so ein bisschen dann, wie analysiert ihr neue, größere Trends? Wann entscheidet ihr, okay, das ist jetzt für uns relevant, das müssen wir einbauen? Und wann sagt ihr, hey, das passt auch eigentlich nicht? Also wie guckt ihr auf so einen Trend und wann sagt ihr, okay, da sind genug Kriterien gegeben, dass wir das jetzt auch irgendwie in irgendeiner Form einbinden müssen, weil es wirklich für uns passt?

Holger Seim:
[24:12] Das ist ganz unterschiedlich. Also viel passiert dezentral. Wir geben irgendwie so Leitplanken vor. Wir haben zum Beispiel für das vergangene Jahr, wir wollen eine stärkere Guided Experience. Wir wollen irgendwie, dass nicht einfach nur wir 100 Titel an dich werfen, sondern Leute entdecken Inhalte durch Experten. Die folgen Experten auf Twitter, die gucken sich Bestsellerlisten an und und und wir wollen Experten, Expertinnen reinholen um Bücher zu empfehlen. Also Guided Experience war ein Thema. Ein anderes Thema war dieses Social Interactions. Wir wollen, was ich gerade gesagt habe, irgendwie so Buchclubs digitalisieren und zu schauen, wie können sich Leute gegenseitig was empfehlen und gegenseitig ein bisschen pushen. Das waren Themen, die haben wir basierend auf Trends, aber auch sehr stark basierend auf Analogien, was funktioniert in adjacent markets und, Was sind innovative Ansätze, um das Kernproblem, ich weiß nicht, was ich lesen soll oder es ist nicht relevant genug zu lösen. Das haben wir als Guidance reingegeben und dann haben wir Product Teams, die dann schauen, okay, wie lösen wir diese oder wie gehen wir in diesen Opportunity Space.

Holger Seim:
[25:16] Mit welchen Mitteln können wir das lösen? Und dann kommt eben irgendwann Gen.ai in ein Spiel und die sehen auf einmal, ich kann mit Gen.ai Guides at Scale machen. Ich brauche gar nicht mehr den einen Experten, die eine Expertin, sondern ich kann das einfach AI generiert machen. Oder bei Spaces gibt es auch sehr viele Anwendungen für das mit AI zu supporten. Also wir haben dann weniger, das hatte ich ja vorhin auch versucht zu sagen, nicht gesagt, wir brauchen jetzt eine AI-Strategie, sondern eher gesagt, wir brauchen eine Strategie, wie wir mehr Value für den Kunden generieren und dann müssen die Product-Teams eben schauen, mit welcher Technologie setze ich das um und da ist dann AI eher der Enabling-Layer und nicht der, also das Mittel zum Zweck und nicht der Zweck, wenn du so willst. Ich glaube, eine Sache.

Fabian Tausch:
[25:57] Die ich jetzt insgesamt mal auch spannend finde, ist, wenn wir uns das Gesamtbild angucken. Ich meine, auch wenn das nicht kommentiert wird, ich meine, du kennst den Exit besser als irgendwie jeder andere. Vielleicht verstehen die Anwälte auch nochmal ein paar ähnlich viel davon, hoffentlich. Aber wenn du da so drauf guckst, ich meine, du siehst jetzt das Endergebnis von sehr, sehr vielen Jahren Arbeit. Und du hast vorhin gesagt, okay, am Ende hast du jetzt gemerkt, okay, der Weg war irgendwie das Ziel. Gibt es Dinge, die du auf diesem Weg anders machen würdest, um vielleicht das Endergebnis zu beeinflussen, um allgemein den Weg mehr zu genießen, den Weg mehr aktiver gestalten zu können? Was würdest du so rückblickend anders machen?

Holger Seim:
[26:40] Ich glaube, ich würde früher einen größeren Secondary machen, als wenn man irgendwann ein bisschen Erfolg hat. Und wir hatten ja dann in der Series B und C auch schon sehr gute Bewertungen.

Holger Seim:
[26:50] Und ich glaube, ich wäre in den vergangenen Jahren ein besserer Manager gewesen, wenn ich einmal einen guten Secondary gemacht hätte, mit dem ich, keine Ahnung, ein Häuschen für meine Family hätte kaufen können. Weil ich war jetzt in den letzten Jahren, wir haben ja wirklich was Tolles aufgebaut mit Blinkist, Super viele Kunden, eine starke Marke, eine gute Kultur, viele Mitarbeiter, die gerne für uns arbeiten. Und ich habe gedacht, eigentlich könnte ich zufrieden und stolz sein. Ich verdiene ein gutes Einkommen. Ich habe das aufgebaut, das ist einer von vier Gestündern und alles gut. Und trotzdem habe ich gemerkt, dadurch, dass ich nie wirklich substanziell was rausgenommen habe, gab es auch immer so, wenn es ein Problem in der Firma gab, ist das ziemlich schnell so auf das Privatleben übergefallen. Also ich hatte, es klingt irrational, aber so hat sich alles existenziell angefühlt, weil ich dachte, oh Gott, oh Gott, vielleicht kriege ich hier nie was raus. Und dann habe ich halt schon so, bin in einem kleinen Dorf groß geworden und irgendwie habe ich so das Gefühl, ich will irgendwie mal ankommen. Zum Ankommen gehört für mich dazu, irgendwann mal ein Häuschen zu kaufen, in dem meine Kinder groß werden können, wo sie ein bisschen Kontinuität, Stabilität haben. Und dann gemerkt, das kann ich mir gar nicht leisten, obwohl ich gut verdiene, meine Frau gut verdient, aber in Berlin kann ich es mir nicht leisten. Und genau. Und um halt dieses Existenzielle so ein bisschen rauszunehmen, hätte ich jetzt im Nachhinein früher ein Secondary machen sollen, weil dann hätte ich ein viel besserer Manager sein können, viel mehr mit kühlem Kopf das Ganze, die ganze Organisation durch schwierige Covid-Zeiten und navigieren können.

Holger Seim:
[28:18] Und das hat manchmal so ein bisschen diesen Weg, der schön war, aber manchmal so ein bisschen weniger schön gemacht. Und ich bereue es zu viel gesagt, aber ich finde es schade, dass ich den Weg hier und da mal mit nicht so viel Leichtigkeit gehen konnte. Also wegen dieser irrationalen, aber dennoch existierenden Existenzangst, Existenzangst ist falsch, aber dass sich alles existenziell anfühlt, weil der ganze potenzielle Net Worth in diesem einen Ding steckt und das so ein bisschen binär ist.

Fabian Tausch:
[28:51] Das ist ja so ein spannendes Thema, was du gerade ansprichst. Also Secondaries werden immer bekannter und es wird öfter darüber besprochen. Deswegen auch großes Danke, dass du das so offen ansprichst und sagst, okay, das hätte ich vielleicht anders gemacht. Gleichzeitig hat man ja auch immer so ein bisschen das Gefühl von, hättest du jetzt ein bisschen mehr Secondaries gemacht und guckst dir jetzt das Excel-Ergebnis an und sagst dann so, ja, aber ich hätte ja dann auch noch mehr Geld rausholen können.

Holger Seim:
[29:14] Glaube ich, also wahrscheinlich denkt man es dann immer so, wenn man nicht genügend Bücher über Stolizismus oder Whatnot gelesen hat, aber ich glaube schon, dass die, ich sage mal, die erste Million einen deutlich höheren Grenznutzen hat als die zweite oder für mich, weil für mich ist es gar nicht das Geld. Das Geld ist eine Nummer auf dem Konto. Für mich ist es wirklich so, kann ich mir irgendwie ein Zuhause für meine Familie leisten, indem ich so das Gefühl habe, hier komme ich an, hier bin ich jetzt zu Hause, hier werden meine Kinder groß. Das ist für mich irgendwie so ein, das brauche ich, um mich wohlzufühlen, dass noch der Dorfjunge da in mir steckt. Und das möglich zu machen, das wäre wahrscheinlich so, hätte mich einfach komplett erleichtert und hätte mir einen sehr großen Grenznutzen verschafft und dann später, ob ich dann später im Exit eine Million mehr oder weniger rausgenommen hätte, hätte sich hoffentlich dann nicht mehr so viel Unterschied gemacht, weil der Alltag ändert sich ja nicht durch eine Nummer auf einem Konto. Wir machen unsere Urlaube wie bisher, die können wir jetzt ein bisschen schöner machen, wenn wir wollen, aber wollen wir das, also wir gehen oft mit Freunden in den Urlaub und wir fahren dann in die gleichen Hotels und sagen jetzt nicht nur, weil wir es uns leisten können, machen wir jetzt auf einmal das Upgrade und dementsprechend, ja, glaube ich.

Holger Seim:
[30:26] Hoffe ich, dass ich, es ist ja alles sehr hypothetisch, aber hoffe ich, dass ich, es ist ja jetzt auch noch, ich meine, ich habe jetzt auch noch sehr viele Shares und ich hoffe nicht, dass ich irgendwie in fünf Jahren denke, ach, hätte ich mal das gemacht oder das, dann hätte ich jetzt noch mehr. Ich hatte mich mit einer Person getroffen, die auch viele Leute mit Vermögen berät und der hat mir gesagt, Holger, du bist jetzt reich. Das Einzige, was du jetzt noch falsch machen kannst, ist, dich vom Geld besitzen zu lassen. Also das Geld, was ich auf dem Konto habe, gibt mir jetzt Freiheit und er hat mir wirklich ins Gewissen geredet, Lass dir die Freiheit nicht nehmen. Also mach keinen Scheiß jetzt, dass du dich wieder gefangen fühlst. Keine Ahnung, indem du das Geld irgendwie mit Risiko anlegst und dann geht das Risiko nicht auf und dann fühlst du dich in fünf Jahren wie eine Wurst, weil du es wieder verzockt hast oder weil du was verloren hast davon. Das war super wertvoll für mich. Da ist ja offene Türen eingerannt. Ich habe mir auch gedacht, ich will jetzt mein Häuschen irgendwann haben und dann habe ich eigentlich alles, was ich brauche. Und ja, jetzt ist eigentlich mein Job, mich frei zu fühlen und mich nicht mehr gefangen nehmen zu lassen vom Geld oder von der Aussicht auf noch mehr Geld.

Fabian Tausch:
[31:34] Du hast gerade schon diverse Male angesprochen, dass du dich mit, ich weiß gar nicht, wie man es auf Deutsch sagt, Stoik, Stoik, Stoik, ja,

Holger Seim:
[31:42] Stoiker, Stoiker, glaube ich.

Fabian Tausch:
[31:44] Stoizismus, viel auseinandersetzt, welche Prinzipien davon, also vielleicht sagst du einmal ein, zwei Sätze dazu, für alle, die sich damit noch nicht auseinandergesetzt haben, was Stoik eigentlich ist und wie du dich, also was du davon für deinen Alltag vielleicht auch übernimmst und gelernt hast.

Holger Seim:
[31:57] Ja, also es ist eine, ja, ich glaube eine griechische Denkschule von den alten Griechen, von den Stoikern, die sich damit beschäftigt, wie kann man irgendwie ein glückliches Leben führen. Und ich habe da ein, zwei Bücher gelesen, die von Irvine, eins, ich habe den Titel vergessen, aber das hat mir ein guter Freund, der Sivert von Amboss, ich glaube, der war auch mal bei dir. Der hat mir das geschenkt, da bin ich sehr, sehr dankbar für und das war einfach super praktisch also ich habe da super viele praktische Dinge mitgenommen, das ist einfach so zwei Sachen, die wirklich sehr stark bei mir hängen geblieben sind, die ich auch immer wieder anwende, ist.

Holger Seim:
[32:37] Einmal sich darauf zu fokussieren was man beeinflussen kann und da gibt es so eine schöne Metapher, wenn du Tennis spielst du kannst nicht beeinflussen, ob du gewinnst, du hast keinen Einfluss, also du kannst beeinflussen, aber du hast am Ende, ob du gewinnst hängt von einem Gegner ab. Und wenn dein Gegner besser ist als du, dann hast du keinen Einfluss darauf. Dann verlierst du. Du kannst nur Einfluss darauf nehmen, dein bestes Tennis zu spielen. Und sich so ein bisschen frei zu machen von den Dingen, die man nicht beeinflussen kann und sich auf die Dinge zu fokussieren, die man beeinflussen kann. Das hilft mir sehr viel. Also ich fokussiere mich häufiger darauf, mein bestes Tennis zu spielen und bin weniger fixiert auf das Outcome dann. Ob das Outcome dadurch kommt oder nicht. Ein anderes Tool ist negative Visualisierung. Dass man eigentlich uns geht es ja allen gut. Wir leben in Deutschland. Wir leben nicht in einem Land, in dem Krieg ist. Wir verdienen alle gut genug Geld. Wir haben hier eine schöne Wohnung und ich habe das Glück, zwei gesunde Kinder, eine Frau, die ich liebe, keine Krankheiten in meiner Familie.

Holger Seim:
[33:32] Also geht es nach allen, allen Maßstäben gut. Und trotzdem fühlt man sich manchmal nicht so gut, weil es in Business nicht gut läuft oder weil man irgendjemanden sieht, der noch mehr Erfolg hat. Und um das so raus zu kriegen, ist für mich so ein Tool negative Visualisierung. Stell dir mal vor, wie es wäre, wenn es schlechter ging. Und er nimmt so ein Beispiel, das ist total heftig, aber es ist auch so heilsam. Er sagt, stell dir mal zwei Väter vor, die abends heimkommen, die arbeiten und kommen abends heim und der eine stellt sich, bevor er heimkommt, immer visuell vor, wie sein Kind stirbt. Und der andere stellt sich das nicht vor. Und dann überlegen wir mal, wer mehr Quality Time, wer die Zeit mit dem Kind dann abends besser nutzt und mehr da ist und mehr fokussiert ist und.

Holger Seim:
[34:14] Genau, das hat mir super viel geholfen, weil ich auch, also gerade dieses Beispiel, ich habe auch zwei Kinder und oft dann am Handy rumgedaddelt und noch was gearbeitet, während ich irgendwie auch mit ihnen verbracht habe und mehr so drüber nachzudenken, was wäre, wenn ich das, was ich jetzt als gegeben annehme, nicht hätte oder wenn was Schlimmes damit passiert, wie ein Kind stirbt oder sonst was. Sich das visuell vorzustellen. Und danach bin ich, und es geht vielen so, wenn sie die Technik anwenden, deutlich mehr dankbar für das, was man hat. Schätzt es mehr und ist dann auch mehr im Hier und Jetzt. Und genießt es und schätzt es. Und ist nicht immer wieder woanders in der Zukunft. Ich muss das noch machen im Business. Und der hat ein schönes Haus und ich habe keins. Und dies und das. Es gibt noch viele andere Techniken, Gedanken in dem Buch. Aber das sind so zwei, die am stärksten hängen geblieben sind. Und die mir weiterhelfen.

Fabian Tausch:
[35:02] Eine Sache, die ich so ein bisschen mit Stoic verbinde, aber nicht 100% sage, sie kommt daher. Was mir immer wieder auffällt und das ist erstmal, ich sag jetzt mal in Anführungszeichen Negativbeispiel, ohne jemandem damit zu nahe treten zu wollen, was ich gleich sage. Ich habe das Gefühl in Berlin und in der Startup-Szene, gerade in der früheren Phase, ist das Ego vieler Leute extrem krass an Paper Value zum Beispiel gebunden. Also meine Firma ist x wert und deswegen bin ich ein krasser Typ. Wir machen x und x Umsatz und deswegen, wir haben so und so viele Leute und deswegen. Und ich habe das Gefühl, viele Menschen und auch viele, die ich in den Podcast einlade, die so das irgendwann mal geschafft haben, sich davon zu entkoppeln, von denen kann man viel, viel, viel mehr lernen, weil sie hat diesen Schutzschild von wegen, wenn ich jetzt einmal sage, dass irgendwas nicht zu 100% perfekt ist, dann bröckelt mein eigenes Ego, mein eigenes Selbstbild, weil es hängt ja eigentlich noch an diesem Erfolg und alles. Hattest du diese Phase auch, dass du selbst irgendwie dein, dass du gemerkt hast, okay, dieser Erfolg, den wir haben, egal auf welcher Stufe das damals war, der bestimmt auch so ein bisschen meine Laune und wenn was schief läuft, dann merke ich, das passt überhaupt nicht mehr und wenn ja, wie hast du dich davon entkoppelt über die Zeit?

Holger Seim:
[36:16] Also ich bin zum Glück niemand, der sich so stark vergleicht oder der so ständig denkt, oh, der hat ein schönes Haus, der hat ein besseres Business. Also ich hatte wenig getriggert, dass andere vielleicht besser sind. Ich war auch nie, war jetzt auch nie irgendwie sehr umsatz- oder kundengedrieben, der jetzt dachte, guck mal, wir sind jetzt da, da oder da. Das hat mir nie was gegeben. Ich bin da eher bescheiden, demütig, habe da nie einen großen, also natürlich stolz mich, wenn Leute kommen und sagen, ey, geil, was du mit Blinkist aufgebaut hast, das macht mich stolz, das freut mich, aber es ist nicht so, dass ich danach eifere. Also ich bin ja auch nicht sehr präsent auf LinkedIn oder gehe nicht so auf Konferenzen oder auf Speaker-Engagements, das brauche ich alles nicht. Da würde man natürlich Bestätigung bekommen, aber das ist gar nicht so meins. Was für mich immer schon viel wichtiger war, war so das Feedback der Leute, mit denen ich daran arbeite. Also geben mir meine Mitarbeiter, Und da sehe ich, sie geben mir die Mitarbeiter gutes Feedback, haben die Spaß an der Arbeit, haben die das Gefühl, sie machen was Geiles und erreichen mir was. Ich will auch Erfolg haben, also ich bin sehr, sehr erfolgreich. Mir geht es schlecht, wenn ich den Meilenstein nicht erreiche, aber nicht, weil ich dann denke, ich bin schlechter als Person XY.

Holger Seim:
[37:26] Sondern einfach, weil ich will erfolgreich sein. Ich will irgendwie schon mir, vielleicht auch der Welt beweisen, guck mal, ich kann es oder guck mal, wir sind erfolgreich. Das treibt mich so, ich will Dinge erreichen. Aber das ist ja so aus einem inneren Antrieb heraus. Also ich fühle mich schlecht, wenn wir unsere Ziele nicht erreichen. Aber nicht, weil ich denke dann, dass uns irgendjemand blöd findet, weil die kriegen das ja gar nicht mit. Sondern eher, das kommt so aus mir raus. Ich will gewinnen und nicht verlieren für mich, um es mir zu beweisen.

Fabian Tausch:
[37:57] Woher kommt das?

Holger Seim:
[37:59] Gute Frage. Wahrscheinlich irgendwie tief in der Kindheit verbuddelt. Ich habe, das habe ich auch im anderen Podcast letztens erzählt, ich hatte als Kind, ich bin mit geboren ohne richtiges Ohr auf der einen Seite und hatte da so meine Probleme als Kind, so mit Selbstbewusstsein, weil ich anders war und vielleicht habe ich da was mitbekommen. Also ich war nie bei einer Therapie, aber wenn ich mich selbst therapieren müsste, würde ich sagen, vielleicht da hatte ich was, das war anders, das war ich nicht sehr selbstbewusst als Kind in der Jugend und das ist jetzt eine Überkompensation, jetzt denke ich so, jetzt will ich es allen zeigen oder will ich es mir zeigen, dass ich es doch kann, vielleicht ist es das, vielleicht ist es auch einfach nur Genetik. Es gibt ja Leute, die sind kompetitiver oder die haben irgendwie so mehr Antrieb für das eine und dann gibt es andere Leute. Also ich will da gar nicht so viel reininterpretieren. Es ist am Ende auch ein Stück weit egal, woher es kommt. Es ist eine Eigenschaft, die mir Drive gibt, die mir hilft, die mich manchmal da natürlich auch nervt, weil sie mich unglücklich macht, wenn ich es nicht erreiche.

Holger Seim:
[38:59] Aber alles in allem, glaube ich, kriege ich mehr Positives von dieser Eigenschaft als Negatives. Und habe jetzt wenige Momente, wo ich mich richtig schlecht fühle, weil ich das Gefühl habe, ich bin nicht gut genug. Sondern mein Christoph Struggle in den letzten Jahren war eher so ein Business und Kinder unter einen Hut zu bringen. Also beidem gerecht zu werden, ein guter Papa zu sein, gute Beziehungen zu meinen Kindern aufzubauen, ein guter Partner zu sein, also das auch irgendwie halbwegs aufzuteilen zwischen meiner Frau und mir. Und gleichzeitig noch ein guter See, auch für Blinkistus-Sein, der das Team mitnimmt durch schwierige Zeiten. Und genau, das war dieser Struggle, diese Mehrfachbelastung, das war in den letzten Jahren sicherlich das, was mir mehr Probleme bereitet hat, als jetzt diese innere, ich will erfolgreich sein und will gewinnen.

Fabian Tausch:
[39:47] Wie bist du oder was war für dich dein Weg damit umzugehen und zu sagen, okay, ich kriege das irgendwie alles unter den Hut? Da musst du ja für dich wahrscheinlich auch Strategien, Taktiken, Gewohnheiten, je nachdem was es ist, aber entwickelt haben, um das irgendwie unterzukriegen.

Holger Seim:
[40:01] Nee, also Brute Force. Tatsächlich einfach nur Augen zu und durch. Ich hatte das Glück, dass meine Frau viel geschultert hat, was Kids und Family angeht. Also sie hat deutlich mehr die Familie zusammengehalten als ich. Hat mich natürlich auch oft daran erinnert, dass ich auch mehr machen soll. Also hat das jetzt nicht einfach so gemacht, aber hat es am Ende trotzdem gemacht. Das hat sehr geholfen und ich habe mich sehr, meine Bedürfnisse sehr zurückgestellt. Also wenig Hobbys, wenig Sport oder wenig mal abends was mit Freunden machen. Das habe ich zurückgestellt und gesagt, okay, es gibt jetzt hier eine Phase, da habe ich kleine Kinder, die habe ich gewollt. Und ich habe das Business, das habe ich auch gewollt und ich will das auch.

Holger Seim:
[40:41] Und das füllt jetzt halt meinen Alltag schon zu 120 Prozent und dann gibt es jetzt halt mal nichts anderes für die Phase. Und die geht auch wieder vorbei. Irgendwann sind die Kinder in der Schule und irgendwann kommt auch wieder, komme ich wieder mehr oder kann wieder mehr andere Sachen machen. Und das konnte ich eigentlich meistens so gut wegtun. Also die Strategie war, dass mir sozusagen und dann auch zu sagen, das ist jetzt so und muss ich mich auch nicht rumheulen. Das ist meine Wahl. Kinder sind meine Wahl, will ich nicht anders. Und ich hätte auch sagen können, ich gehe, weil Blink ist. Und das ist mir zu viel und ich will mehr Zeit mit meinen Kindern, mehr Zeit mit meiner Frau. Aber wollte ich auch nicht. Ich hatte Bock auf die Challenge. Ich wollte das erfolgreich zu einem Abschluss bringen oder zu einem Punkt. Von daher konnte ich das so gut managen für mich. Und dann halt einfach auch viel arbeiten oder viel morgens um sechs aufstehen mit den Kids, Frühstücksroutine, die in die Kita bringen, dann durchballern und abends Abendessen mit den Kids und dann oft nochmal zwischendurch E-Mails machen. Das war halt der Alltag. Jetzt nicht sehr, keine gute Work-Life-Balance, aber am Ende die wichtigsten Sachen habe ich untergebracht.

Fabian Tausch:
[41:49] Das heißt viel Verzicht auch über die Jahre?

Holger Seim:
[41:51] Verzicht im Sinne von, Verzicht auf Zeit mit Freunden, Verzicht auf Sport, Verzicht auf Me-Time auf jeden Fall und auch ein Stück weit Verzicht auf Zeit, so Quality-Time in der Partnerschaft. Hör ich aber von vielen Eltern mit zwei kleinen Kindern, also das ist jetzt auch nichts Exklusives für Gründer, das haben auch ganz normal berufstätige Eltern mit zwei kleinen Kindern, die nicht Oma und Opa in der Stadt haben. Das ist die Regel, nicht die Ausnahme. Von daher muss man da jetzt nicht, also Verzicht klingt so, das klingt so schwer. Es ist so, ich glaube, es ist ganz normal. Und da muss man halt, da muss man durch. Also da will ich jetzt gar nicht dramatisieren oder schwerer klingen lassen, als es ist. Es ist tough, aber so ist es für alle Eltern mit Kindern, die arbeiten.

Fabian Tausch:
[42:39] Eine Frage, die sich, glaube ich, viele Gründer immer wieder stellen, ist so dieses, wie sehr sollte ich mich aktuell stressen? Also ist es, nehmen wir an, ich komme zum selben Ergebnis. Will ich dann ein oder zwei Jahre früher zu diesem Ergebnis kommen oder würde ich es auch in Kauf nehmen, wenn ich ein bisschen mehr Me-Time, Zeit mit Freunden etc. Habe, erst 2025 meine Firma an Go On zu verkaufen? Wenn wir nur mal davon ausgehen, dass das Ergebnis dasselbe wäre. Und mit allem, was du heute weißt, so von wegen, dass du gesagt hast, okay, Weg ist das Ziel, es hat sich gar nicht so, im Gefühl gar nicht so krass viel verändert in erster Linie. Würdest du sagen, du würdest dir ein bisschen mehr Zeit nehmen für dich, für Freunde oder würdest du es genauso wieder machen?

Holger Seim:
[43:18] Ich könnte jetzt sagen, ja, würde ich, aber dann würde ich es ja auch jetzt machen. Ich mache es jetzt immer noch und jetzt bin ich halt vom Regen in die Traufe. Jetzt machen wir eine Post-Merger-Indegration. Die haben jetzt viel Geld für uns bezahlt. Ich habe am Ende mit entschieden oder habe am Ende entschieden, dass wir das machen. Ich fühle mich verantwortlich für das Team. Ich fühle mich aber auch jetzt und fühle mich auch eine gewisse Verantwortung für den Käufer, für Andrew. Der hat viel Geld bezahlt. Der muss natürlich auch sein Board beweisen, dass es eine gute Entscheidung war. Also ich will jetzt auch deliveren für ihn, für den Käufer, für das Team, um das gut zu machen. Das heißt, es geht jetzt weiter. Und deswegen... Und ich glaube, so die meisten Unternehmer, die ich kenne, wir lieben einfach den Job zu sehr und wir lieben die Arbeit. Und das ist der Grund, warum wir am Ende zehn Stunden am Tag reinhauen und nichts anderes. Also natürlich gibt es all die Dinge, dass irgendwann so ein Team dich vor sich hertet, also eine Organisation, ein Eigenleben entwickelt und du eher getrieben wirst, als dass du der Entscheider bist, der sich das einteilen kann. Ich kann ja sagen, ich will Sport machen, aber dann kommen halt drei Curveballs rein aus der Organisation und dann muss man halt die Entscheidung treffen, mache ich jetzt trotzdem Sport und kümmere mich später drum oder nicht und ich bin halt niemand, der, wenn er sieht, hier ist ein Feuer, da ist ein Feuer, kann ich mich nicht entspannen und Sport oder dann habe ich Sport oder Me-Time, aber bin eigentlich im Kopf trotzdem wilder einen Schreibtisch, um das zu lösen.

Holger Seim:
[44:44] Und gesund ist es nicht, aber gleichzeitig ist es ein Teil von mir und ich habe jetzt nicht genügend Ambitionen, es rauszuterapieren. Also ich glaube, immer, solange ich bei Blinks, aber immer, wenn ich in einem Team arbeite, wird das so sein. Und für mich ist eher die Lösung, wenn ich mal eine Pause, wenn ich mal das nicht mehr machen will, dann darf ich keinen Managementjob machen, weil wenn ich ein Team führe, dann fühle ich mich für das Team verantwortlich. Was auch gar nicht gesund ist, das klingt vielleicht toll, aber das sollte man nicht machen. Aber dann so ticke ich und dann will ich, dass es gut wird. Dann will ich erfolgreich sein, um den Erfolg zu haben für mich. Ich will aber auch das gut machen fürs Team. Und dann bin ich halt sofort in diesem Hamsterrad und kann nicht gut abschalten mit Sport oder oder. Und deswegen ist es für mich so, ich versuche mich da so durchzuschränken. Ich versuche jetzt ein bisschen mehr Sportroutinen zu machen, aber das versuche ich auch schon länger. Und manchmal klappt es besser und dann gibt es mal wieder Wochen wie diese, wo es nicht klappt. Und ja, it's all good. Das ist ja auch.

Fabian Tausch:
[45:46] So eine Frage, die man einfach stellen muss, dass jeder sieht, okay, es gibt da verschiedene Wege und jeder findet seinen Weg für sich. Und nicht, es gibt grün oder rot und du musst dich entscheiden und das eine ist gut, das andere ist schlecht. Sondern die einen machen so, die anderen machen so. Und ich glaube auch, das ist okay. Ich glaube, man muss es aber irgendwann akzeptieren und nicht dauernd, wenn man nur versucht, sich dauernd zu verändern oder sich zu vergleichen, wie du vorhin gesagt hast, dann wird es halt problematisch.

Holger Seim:
[46:09] Das denke ich auch, ich könnte sicherlich für viele Sachen mal in Therapie machen oder noch tiefer tauchen und gucken, was kann ich hier machen und da. Und will das aber gar nicht. Ich will mich gar nicht bis ins Detail selbst optimieren. Das ist so, im Schnitt bin ich glücklich und mache Sachen, die mir Spaß machen. Und ich glaube, es ist normal, dass es hier und da mal tough ist. Und ich bin da eher so, auch da sagt man ja stoisch und ertrage das oder ziehe das durch. Und ja, ja. Fühlt sich jetzt.

Fabian Tausch:
[46:37] Vielleicht an wie so ein harter Cut, weil ich nochmal ganz kurz zurück zum geschäftlichen Part, so wirklich Blinkist als Company werden will. Wir haben vorhin drüber gesprochen, ihr habt die B2B Komponente hinzugenommen, die ist ein absolut relevanter Wertetreiber. Ihr habt dann irgendwann bekannt gegeben, dass ihr profitabel seid, wo glaube ich auch viele überrascht waren in erster Linie erstmal und gab es in der Zeit auch nicht so viele, die dann geschrieben haben, ah guck mal, wir sind profitabel. Was hat sich verändert mit Profitabilität?

Holger Seim:
[47:05] Einfach in Control of your Destiny zu sein, fühlt sich gut an. Also wir hatten in den Early, in den Studienphasen, waren wir so zweimal kurz vor der Insolvenz und waren halt abhängig davon, die nächste Runde zu raisen. Und das hat sich einfach beschissen angefühlt, immer so Bittsteller zu sein mit Investoren und so ein bisschen Casino und man hat ein Team, dem man das natürlich nicht sagen kann, ey, wir sind fast pleite und muss halt irgendwie, so komplett on the edge und genau, irgendwann haben wir dann entschieden, als wir gemerkt haben, es ist nicht mehr so einfach jetzt auf der Bewertung oder die nächste Runde zu raisen, auf der Bewertung zu den Terms, die wir uns vorstellen. Wir haben gesagt, dann lass uns doch jetzt, bevor wir jetzt einfach weiterrennen und dann hoffen, dass wir immer einen finden oder blöde Terms akzeptieren müssen, haben wir gesagt, lass uns doch auf Break-Even stellen. Wir verdienen Geld, wir können das steuern. Wenn wir weniger wachsen, sind wir profitabel. Wenn wir mehr wachsen wollen, dann verblenden wir wieder Cash und das hat sich gut angefühlt, weil wir dann eigentlich die Zeit hatten, die Dinge umzusetzen, die wir umsetzen wollten, um Engagement zu erhöhen, um dies und das zu schaffen und genau, das war ich bin stolz drauf, dass wir das, und es ist gar nicht so nicht dem geschuldet, dass ich so eine tolle Voraussicht hatte, aber nicht so, dass ich mich, ich bin auch stolz drauf, dass wir es geschafft haben, so eine Entscheidung früh genug zu treffen und nie so und dann eigentlich, wir mussten nie große Layoffs machen also ich glaube die.

Holger Seim:
[48:26] Größte mussten mal vier Leute auf einmal gehen, wo wir einen Bereich abbauen mussten, den wir vorher aufgebaut haben, weil wir dachten, hier ist was Neues, eine neue Innovation, die klappt und dann hat die irgendwann nicht geklappt und dann mussten wir da wieder ein bisschen was rausnehmen, mussten wir viel Leute rausnehmen auf einmal. Sonst mussten wir nie Layoffs machen. Also natürlich geht mal jemand, weil es nicht funktioniert. Das ist ja Standard und da bin ich stolz drauf, wenn ich jetzt so die Nachrichten in den letzten zwölf Monaten gelesen habe, dass hier 20% und da 10% und von Companies, die halt vorher so all-in gegangen sind und Wachstum, Wachstum, Wachstum und auf schließende Bewertungen geraced. Ich will das gar nicht verurteilen. Alles super. Es gibt ja verschiedene Wege, die haben ja auch viel erreicht dadurch. Aber unser Weg war ein bisschen bescheidener, ein bisschen ja, umsichtig klingt auch wieder so wertend. Aber ich bin einfach, unser Weg passt zu mir und ich bin froh, dass wir hingegangen sind und ich mich nicht da hinstellen musste und sagen muss jetzt, wir haben ja einen zu tiefen Schluck aus der Pulle genommen, jetzt müssen 50 Leute gehen. Ich will nicht allen attribuieren.

Fabian Tausch:
[49:27] Dass es FOMO ist, weil sie so schnell gewachsen sind oder ähnliches, aber ich würde dir attribuieren, dass du dich da also nicht von FOMO hast leiten lassen, um zu sagen, okay, jetzt wachsen wir noch viel schneller, stellen noch viel mehr Leute ein, raisen vielleicht noch mehr Geld, whatever.

Holger Seim:
[49:41] Es gibt ja viele Facetten.

Fabian Tausch:
[49:41] Die dann dazu geführt haben. Was war so dein Entscheidungsprozess, um eben nicht überstürzte Entscheidungen zu treffen, sondern zu überlegen, okay, was passt wirklich, was ist wirklich was, was uns als nachhaltige Firma aufstellt? Und ja, connecting the dots backwards is always easy und es klingt immer so, als ob das immer stringent gewesen wäre und bestimmt waren da auch ein paar Sachen, die dann mit Ups und Downs verbunden waren, aber so, wie bist du an Firmenplanung, Kapazitätenplanung etc. Rangegangen, dass ihr nicht so krass overshootet habt?

Holger Seim:
[50:11] Also erstmal wichtig zu sagen, das war nie ich allein, das waren wir als Stünderteam oder später auch als Executive Team mit Nicht-Stündern und wir hatten diese Früherfahrung, wo wir fast pleite waren. Also das war so ein defining Moment für uns, wo wir alle gemerkt haben, im Gründerteam, das fühlt sich nicht gut an, wenn wir von Investoren abhängig sind.

Holger Seim:
[50:32] Das gab es und dann hatten wir irgendwann mal so einen leichten Prozess gemacht. Also wir hatten ja Series B und C geraced und hatten dann irgendwann nochmal die Märkte getestet, ob wir noch mehr kriegen zu einer Hörenbewertung und da dann aber ziemlich schnell gemerkt, ist schade nicht, weil wir die Fantasie, dass wir in einem Consumerspace weiterhin verdoppeln können, haben andere nicht gesehen. Haben wir dann auch irgendwann später, also wir haben es dann in einem Jahr, ein Jahr später hat es sich auch bestätigt und da haben wir gemerkt, okay, es wird jetzt nicht mehr so einfach, die nächste Runde wird nicht mehr so einfach, jetzt in dem Growth Capital Segment ist ein anderes Spiel als in dem VC Segment, und das wird nicht trivial und haben dann gemerkt, okay, jetzt können wir einfach voller Lotte weitermachen und dann in einem Jahr die Märkte nochmal testen und dann halt irgendwas raisen oder wir nehmen jetzt ein bisschen Geschwindigkeit raus und machen so ein Soft Landing auf Profilabilität, um, Zeit zu haben, den nächsten Wachstumsvektor zu finden und dann halt irgendwann sagen, wir haben ihn, dann nochmal mit Growth Funds zu reden und haben uns dann einfach aufgrund der alten Erfahrungen dafür entschieden, lieber auf Break-Even zu gehen und selbst das Heft in der Hand zu haben als jetzt All-In. Dafür war die Firma zu groß, zu viele Mitarbeiter, dafür hatten wir zu viel erreicht, um zu sagen, jetzt lassen wir alles auf den Prozess und hoffen, dass es klappt.

Fabian Tausch:
[51:54] Das war wahrscheinlich dann auch trotzdem wieder der Case, den du vorhin angesprochen hast mit, es war halt trotzdem all acts in one basket und man musste halt auch einfach gucken, dass das Ding nicht rechts oder links von

Holger Seim:
[52:04] Der Partei fällt. Ja, vielleicht war es das auch. Also es war sicherlich, dass man halt als Gründer, ich glaube, wenn man Secondaries macht, ist man danach auch incentiviert, mehr Risiko zu gehen, weil das Risiko ein bisschen losgelöst von der eigenen Existenz oder von einem eigenen Geldbeutel ist. Und gleichzeitig, glaube ich, war bei uns auch immer die Komponente, okay, wir haben hier auch ein Stück weit Verantwortung für das Team, was wir aufgebaut haben und sollten damit jetzt nicht komplett zocken und verantwortungslos umgehen. Weil Leute entlassen mal, es ist nötig, aber macht nie Spaß. Und es ist einfach, vor allem wenn es einfach nicht klappt, dann ist es okay. Aber wenn man einfach eine unternehmerische Entscheidung getroffen hat, die nicht aufgeht und wenn man gezockt hat und dann müssen am Ende 20, 30 Leute gehen, Weil wenn man sich verzockt hat, das finde ich, hätte sich nicht gut angefühlt. Und deswegen sind wir da eher ein bisschen konservativer reingegangen.

Fabian Tausch:
[52:55] Ich meinte auch eher, dass es in dem Fall vielleicht sogar leicht positiv war und so eine positive Konnotation zumindest bekommen kann. Ohne, dass man sagt, okay, das eine oder das andere ist richtig, sondern dass es einfach in dem Fall super hilfreich sein kann. Eine Sache, die ich spannend finde und da bin ich gleich gespannt, ob du mir darauf antwortest. Ich habe letztens mit Gero Decker hier aufgenommen und die haben für eine Milliarde an SAP verkauft, Signavio und wir haben sehr akut über Zahlen und so gesprochen. Er hat mir auch gesagt, dass von dieser 1 Milliarde 180 Millionen an Mitarbeitende gingen, also 18 Prozent des Exit-Volumens. Ich fände es mal ganz spannend, also ich glaube, weil es für viele Gründer teilweise schwer ist, das selber zu begreifen und wir reden immer über ESOP und wir sagen, es ist wichtig und wir verteilen ESOP-Pools, in jeder Runde werden die aufgefrischt, aufgestockt etc. Kannst du grob sagen, in welcher Größenordnung in Prozent vom Exit sich so ein ESO-Pool am Ende bewegt hat?

Holger Seim:
[53:45] Ja, klar. Wir hatten einen Pool für alle Mitarbeiter. Das war uns wichtig. Den haben wir leider recht spät umgesetzt, auch aus verschiedenen Gründen. Haben wir es nicht früher hinbekommen, Borddynamiken. Aber am Ende hatte jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin Shares und jeder hat was verdient beim Exit. Das hat sich sehr gut angefühlt, einfach dass jeder profitiert. Bei uns waren es nicht ganz 18 Prozent. Das waren irgendwas zwischen 10 und 15. Die genauen Zahlen habe ich jetzt nicht. Genau. Wir haben klassisch ein Jahr Cliff, vier Jahre Vesting mit einer Acceleration. Das heißt, viele haben dann auch, obwohl sie noch gar nicht vier Jahre dabei waren, Accelerated und ihr volles Paket bekommen. Und da waren sehr viele sehr happy, auf jeden Fall.

Fabian Tausch:
[54:23] Spannend. Ich finde es auch einfach gut, darüber kurz zu sprechen, dass die Leute merken, okay, da passiert dann auch was, wenn diese Dynamiken in place sind.

Holger Seim:
[54:29] Ich glaube schon, also es ist auf jeden Fall, ich glaube generell in Deutschland gibt es noch zu wenig Shares für Mütter. In den USA sind die, wenn man sich die Cap-Tables anguckt, sind deutlich mehr Optionen draußen. und Mitarbeiter werden auch immer alle zwei Jahre noch wieder aufgeschüttet. Da ist halt einfach mehr Nachfrage von den Leuten da. Hier in Deutschland sind, und Investoren machen es möglich, weil die geben dann auch die Pakete frei. In Deutschland sehe ich das sowohl bei Investoren, die Kultur. Also die sind da noch nicht proaktiv genug. Das heißt, da muss man eher als Gründer noch fragen und sagen, können wir eher so für die Mitarbeiter verhandeln. Ich glaube, in den USA kommt es auch mehr von Investoren. Und dann ist es aber auch so bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die schätzen es nicht so stark wert. Die sagen dann trotzdem, ich will hier mein sehr hohes Gehalt und aber auch noch Shares, weil die Shares sind ja nichts wert. Es ist auf der einen Seite vernünftig, so zu tun, als wären die Shares nichts wert. Das Gehalt sollte schon stimmen. Aber wenn die Wertschätzung für Shares nicht da ist, dann macht es auch keinen Sinn, sie auszugeben, weil dafür ist es zu wertvoll. Und da glaube ich, da wird es noch ein paar Jahre dauern, bis die Kultur in Deutschland von beiden Seiten, Investoren, Gründer, Mitarbeiter von allen Seiten, bis wir da amerikanische Verhältnisse haben. Weil ich glaube, in den USA ist es ja über 20 Prozent in der Regel, was Mitarbeiter halten.

Fabian Tausch:
[55:51] Kann ich ehrlicherweise gar nicht einschätzen, müsste ich mal US-Investoren fragen.

Holger Seim:
[55:55] Ja, müsste ich auch mal, vielleicht bin ich auch komplett auf dem falschen Dampfer, aber das habe ich so irgendwann mal abgespeichert.

Fabian Tausch:
[56:01] Wenn jetzt, nehmen wir an, ich wäre Seed, Series A Founder und ich kann jetzt nicht mal ein Vertical nennen oder so, darum geht es ja gar nicht. Aber was wären so Punkte, die du mir generell mit auf den Weg geben würdest für meine nächsten zwei, drei, vier, fünf viele Jahre?

Holger Seim:
[56:15] Gute Frage. Wie ich weiß ja vorhin gesagt habe, enjoy the ride. Der Weg ist das Ziel. Also mach es dir so gemütlich, dass es Spaß macht. Egal, ob am Ende ein Exit kommt oder nicht, weil der Exit wird sich nicht so das krasse Event sein, was dich mit Streude überschüttet, wie du denkst jetzt vielleicht. Das ist zumindest meine Erfahrung. Ich habe auch von anderen Stunden nach dem Exit gehört. Und dass ja niemand bringt dir die Zeit, wie du die jetzt hast, ein cooles Team aufzubauen, dass du einfach stolz auch darauf bist, auf was du geschaffen hast, unabhängig von, welche Zahl da am Ende mal dran steht. Ich glaube, it's all about people. Für mich war, ich habe ja gesagt vorhin, dieser Moment des Exits, dieser Zoom-Call, der hat sich nach nichts angefühlt. Wir haben am nächsten Tag dann, oder haben es an dem Tag noch mit dem Team kommuniziert und am nächsten Tag dann hat das Team so eine spontane Party gemacht. Und da waren so viele lachende Gesichter, die stolz waren, an so einer Geschichte mitzuwirken, die excited waren, was da jetzt kommt mit Go One. Und das hat sich geil angefühlt. Also das Feedback der Leute, die Freude, der Stolz der Leute. Also ich glaube, ein Exit, wo sich am Ende das Team toxisch ist und sich das Team eher verraten fühlt und nicht mitgenommen fühlt, hätte mich, glaube ich, eher in die Depression gestürzt. Also ja, kümmert euch um die Leute, dass ihr ein cooles Team habt, macht das schön für euch, für die Leute und guckt nicht nur auf den kommerziellen Erfolg, es muss irgendwie beides stimmen, damit es Spaß macht.

Holger Seim:
[57:41] Das sind so, ja, und vieles habe ich ja schon gesagt, aber das ist jetzt sehr individuell gepflegt.

Holger Seim:
[57:50] Wenn er ab einer bestimmten Größe ist, ist es, glaube ich, sinnvoll, nicht mehr alles auf eine Karte zu setzen, sondern auch sich der Verantwortung bewusst zu sein, die man für sein Team hat und nicht immer nur diesem Investoren-Mantra All-in und hier Unicorn und lass mal voll zocken, weil die müssen sich am Ende nicht vor das Team stellen und sagen, hat nicht geklappt, tschüss. Und da so ein bisschen, ja, auch eine Verantwortung als Unternehmer sich bewusst machen, finde ich, ist ganz wichtig. Das macht ja auch Spaß, dass man ein bisschen mehr macht, als nur für sein Portemonnaie wirtschaften.

Fabian Tausch:
[58:22] Eine letzte Frage noch. Wem würdest du wirklich empfehlen, Geld von Investoren aufzunehmen? Ich finde immer, da ich das ja die Medien und da erzähle ich mich jetzt auch mal mit rein, trotzdem sehr viel über Venture Cases und Finanzierungsrunden etc. Berichten, dass oft das einfach als generell das Ware so werden Firmen gebaut, wahrgenommen wird. Und ich glaube, man muss dann immer mal fragen, die die Gründer das selbst wahrnehmen, wem sie es wirklich empfehlen würden, wem nicht. Deswegen, wem würdest du empfehlen, MS-Torn an Bord zu nehmen?

Holger Seim:
[58:50] Also ich glaube, jemand, der wirklich die Welt beherrschen will mit seinem Unternehmen, der wirklich sehr, sehr große Ambitionen hat und was ja ein Global Player aufbauen will, was schrittlich groß machen will, weil das, oder auch schnell, wo es halt ein kompetitiver Markt ist, wo es am Ende irgendwie ein One-Winner-Takes-It-All-Modell ist, wo man schnell sein muss, wo man wirklich sehr, sehr groß werden kann und selbst auch die Ambition hat, das zu bauen und auch bereit ist to do what it takes und.

Holger Seim:
[59:17] Leute, die eine Firma bauen wollen, die groß ist, aber jetzt auch nicht unbedingt global, die einfach stetig wächst, macht gar keinen Sinn. Ich sehe so viele Unternehmer, die so ganz, ganz, ganz stetig von siebenstellig auf achtstellig wachsen, sich jedes Jahr ein bisschen EBIT rausziehen, weil sie keine Investoren haben und nach und nach so ein bisschen persönlichen Reichtum, persönlich individuelle finanzielle Unabhängigkeit aufbauen, gleichzeitig Herr oder Herrin im eigenen Haus sind und ihr Business integer mit den Values aufbauen können. Und man gibt halt viel Kontrolle ab mit, wie sie es wollen, schnell scalen. Und da ist es dann egal, was du willst. Und das muss jedem bewusst sein, dass man Bock haben muss auf dieses Spiel. Und das ist teilweise, was will ich und teilweise aber auch, was brauche ich für den Markt, in dem ich bin. Und ja, ich glaube, sich einfach die Frage zu stellen und mal zwei, drei Gespräche zu führen, die Frage zu stellen, brauche ich, wie Venture Capital und will ich das, machen ja die meisten. Haben wir damals auch nicht gemacht, aber es war einfach so, klar, wir wollen gestründen, aber wenn man gestründet, holt man sich Venture Capital, let's go. Also wir waren da sehr naiv und ich bereue es nicht, war alles super, aber trotzdem wäre es gut gewesen, sich die Frage vorher zu stellen.

Fabian Tausch:
[1:00:39] Würde ich genauso stehen lassen. Holger, vielen lieben Dank dir. Danke auch für die ganze Inspiration, die ich da irgendwie in den letzten, was war anders, wie gesagt, fast sechs Jahren rausziehen durfte. Und dass wir da immer wieder mal zu allen möglichen Themen gesprochen haben, auch wenn es das letzte Mal schon eine Weile her war. Und herzlichen Glückwunsch trotzdem zu dem ganzen Meilenstein. Viel Spaß bei allem, was jetzt noch kommt.

Holger Seim:
[1:00:58] Danke, ich hoffe, wir hören uns wieder oder sehen uns wieder hier, wenn wir an der Nestec sind. Mal schauen, ob es klappt.

Fabian Tausch:
[1:01:04] Das kannst du sicher sein. Wenn das passiert, dann sehen wir uns auf jeden Fall wieder. Auch so, glaube ich, kriegen wir das hin.

Holger Seim:
[1:01:11] Vielen lieben Dank. Danke dir, Fabian.